Sauter-Abarth 1963, # KS 021
Es gibt Geschichten, die niemand kennt, weil sie bisher nicht aufgeschrieben wurden. Von vielen Geschichten wird niemals jemand etwas erfahren, weil sich niemand die Zeit nimmt, sie aufzuschreiben. Geschichten kann man erfinden, der Leser kann sich seine eigene Meinung dazu bilden, träumen davon und sich sagen, das wäre schön, wenn das wahr wäre. Dann gibt es eben Geschichten, für deren Erzählung es ein Ereignis braucht. So geschehen im Mai 2019. Auf Facebook las ich eher zufällig in einem Kommentar von einem Rennwagen, der eher beiläufig erwähnt wurde. Sauter-Abarth. Sauter war mir bekannt, 2015 gab es am Oldtimer- und Teilemarkt in Fribourg am Stand des Swiss Car Register eine Sonderausstellung mit 3 Fahrzeugen aus der Werkstatt des Kurt Sauter aus Gempen. Lackiert in rot, der damaligen Schweizer Rennfarbe.
Dem Facebook-Post war zu entnehmen, dass da offenbar schon seit sehr langer Zeit in einer Scheune im Emmental so ein Sauter-Rennwagen stehen soll. Auf Nachfrage bekam ich einige wenige Informationen und begann unverzüglich zu recherchieren. Es muss sich um einen der 3 Rennwagen handeln, die 1963 gebaut wurden. Ein Fahrzeug war mit einem DKW-Motor bestückt, ein weiteres mit einem BMC-Motor und der dritte Rennwagen mit einem Abarth 1000 Bialbero-Motor. Schnell war klar, dass es sich um den Sauter-Abarth handeln muss. Nach einigen Anrufen hatte ich schliesslich den Besitzer am Telefon der bestätigte, dass es sich um dieses Fahrzeug handle. Wahrscheinlich fehle aber der Motor, Sicherheit gäbe es erst in einigen Monaten. Die Liegenschaft war offenbar bis unters Dach vollgestellt mit Fahrzeugen und Teilen. Sich einen Überblick zu verschaffen würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und ob das Fahrzeug verkauft würde, war auch noch unklar. Dann kam Corona und die Geschichte rückte etwas in den Hintergrund, denn man hatte plötzlich ganz andere Prioritäten.
Vergessen hatte ich dieses Stück Schweizer Renngeschichte aber nie und völlig überraschend rief mich der Besitzer Mitte Oktober 2021 an. Der Wagen sei mittlerweile ‘geborgen’ und man könne ihn besichtigen, die Antriebseinheit sei aber definitiv nicht mehr vorhanden. Schade dachte ich, aber es ist so wie es ist. Wenige Tage später machte ich mich auf den Weg um das begehrte Fahrzeug zu besichtigen. Da stand es also unter einem Vordach, matt silbergrau, doch schon ziemlich mitgenommen, aber vom Zustand her besser als erwartet. Dass der Sauter verkauft werden soll war ebenfalls klar. Die Antwort auf die Frage nach dem Preis war dann eher ernüchternd und ich brauchte ein paar Tage Bedenkzeit. Die war dann vorbei und manch einer würde mich als Spinner bezeichnen, für so einen ‘Schrotthaufen’ so viel zu bezahlen. Nun, viel ist immer relativ, aber schlussendlich passte es für den Verkäufer und Käufer. Ich war also fast über Nacht zum Besitzer eines Schweizer Rennwagens geworden und schnell stellte sich die Frage, wie weiter. Erhalten wie er ist, sanft restaurieren, komplett neu aufbauen – die Möglichkeiten waren vielfältig. Wieder in den damaligen Originalzustand versetzen wäre schön, aber ohne Motor und Getriebe ein schwieriges Unterfangen. Zwar gibt es auf dem Markt Motoren, teilweise auch Nachbauten, aber eben, original ist das dann nicht und exorbitant teuer dazu. Da stellt sich schnell die Frage nach einer alternativen Antriebsquelle, damit das Auto wenigstens wieder gefahren werden kann.
Jetzt sind wir wieder am Anfang dieser Geschichte. Bevor am Fahrzeug mit Arbeiten begonnen werden sollte, galt es, die Geschichte dieses seltenen Rennwagens zu rekonstruieren und aufzuarbeiten. Dank Internet hat man eine riesige Informationsquelle, in diesem Fall war die aber schnell erschöpft. Auf der Seite von Sauter gibt es einige Bilder und eine Auflistungen, wo der Sauter-Abarth 1963 startete. Von besonderem Interesse ist die Nummer 44, die auf Front und Heck noch immer sichtbar ist. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um die Startnummer des letzten Rennens, an dem der Sauter-Abarth teilgenommen hatte, handelt. Urs Hauenstein, der zusammen mit Freunden ein grosses Motorsportarchiv betreibt, schickte mir eine Liste mit Rennen der Jahre 1963 und 1964. Die Startnummer 44 war allerdings nirgends erwähnt. Im Magazin Powerslide vom Mai 1963 gibt es einen Artikel von Max Pichler über diese 3 Sauter-Rennwagen. Bevor also grössere Arbeiten in Angriff genommen werden sollten, muss zuerst möglichst viel zur Rennhistorie in Erfahrung gebracht werden.
Trotzdem wurde begonnen, den Gitterrohr-Rahmen freizulegen und zu reinigen. Einige wenige Rohre waren leicht verbogen, sonst aber war die Substanz hervorragend, auch dank der Cadmierung, Rost gibt es nur minimal an einigen wenigen Stellen. Erneuert werden müssen die Bremsen, Stossdämpfer sowie sämtliche Gelenke und Gummiteile. Die noch vorhandenen originalen Instrumente zeigen im unteren Bereich der Zifferblätter Wasserschäden.